Kreisverkehr

Christian Ondrak

Betrunken, bekifft, fummelnd, kichernd und schmusend und mit einer geklauten Flasche der örtlichen Rabiatperle zur Labung unterwegs, verließen sie den Kirtag. Ein paar hundert Meter runter die Landstraße und dann rechts in den Feldweg,  an dessen Ende sie die kleine verschwiegene Wiese wussten. Nur war der Weg dorthin mit den ganzen Ablenkungen nebenbei länger und beschwerlicher als sie ihn kannten. Irgendwann kurz vor der Abzweigung stolperte er und zog sie mit sich hinunter. Am Boden angekommen pfiffen sie auf die verschwiegene Wiese und vögelten einfach hier und jetzt am Straßenrand und genau da schliefen sie anschließend auch ein.

Bezirksinspektor Feichtlbauer wurde wachgeschüttelt. „Wird Zeit, dass´d ham kummst. Kirtag is vorbei. Brauchst a Nummer vom Taxi?“

 „Woit eh grad gehen“ nuschelte er mit schwerer Zunge zurück.

„Jo kloar! Hab´s eh gemerkt“ kam die Antwort.

Feichtlbauer erhob sich und schwankte aus dem Zelt Richtung Parkplatz. Taxi? Wozu? Heute war erstens kein Planquadrat, wie er wusste, weil er keines angeordnet hatte und zweitens waren es nur ein paar Kilometer nach Hause. Die 6-8 Bier und Hirschbirnbrand waren außerdem eh kein Problem.

Eineinhalb Kilometer später fuhr er über das schlafende Paar. Er hatte nicht einmal bemerkt, was er überfahren hatte. Erst als er anhielt um nachzusehen was da so gerumpelt hatte. Der Inspektor kotzte die Bierreste aus, als er die zerquetschten Körper erkannte. Er sah das Ende seines Jobs, seiner Ehe. Er spürte die Scham und die Verachtung mit der er würde leben müssen. Er sah die Schlagzeilen in der Zeitung und entschied rasch. Die Leichen mussten verschwinden. Feichtlbauer hievte die Kadaver in den Kofferraum seines Wagens,  sammelte die leere Weinflasche ein und fuhr wieder los. Die Ausweise und Geldbörsen würde er einfach in einem Mistkübel entsorgen. Die Körper wollte er an einer Stelle verstecken, an der bestimmt niemand suchen würde. Und genau so geschah es auch.

Endlich haben wir etwas entdeckt. In wochenlanger Kleinarbeit haben wir ein Objekt ausgegraben, von dem ich annehme, dass es sich um so etwas wie eine Pilgerstätte handelt. Ein Objekt in der Mitte, ungefähr nach West-Ost ausgerichtet mit einem zylindrischen, spitz zulaufenden Körper. Die Länge beträgt etwas über 15 Meter. Beidseitig des Hauptkörpers befindet sich je eine Öffnung. Ebenso am westlichen Ende. Dort ragt an der Oberseite auch noch eine Flosse empor. Ein Stück davor gibt es noch eine deutlich kleinere Flosse. Das ganze Ding hat von oben betrachtet etwa die Form eines Dreiecks. Eine abgebrochen Stütze lässt die Annahme zu, dass das Objekt in einem Winkel von etwa 45 Grad mit dem spitzen Ende nach oben ragte. Oben im vorderen Teil gibt es eine Kuppel, in der wir zwei Skelette gefunden haben. Aufgrund der Verletzungen glaube ich, dass der Mann und die Frau geopfert wurden. Die Beigaben in der Kuppel sind erstaunlich spärlich. Bekleidung, eine leere Flasche und sonst nichts. Als ob man die Opfer den Göttern ohne unnötiges Beiwerk präsentieren wollte. Umgeben ist der Fund von einem kreisrunden Weg mit  fünf nicht exakt symmetrischen Zugängen. Auf diesem umrundeten wahrscheinlich Pilger die heilige Stätte. Nächste Woche werde ich die Ergebnisse dem Tribunal präsentieren müssen. Morgen werde ich noch ein paar Recherchearbeiten erledigen, für heute schließe ich meine persönlichen Aufzeichnungen.

Diese elenden, fantasielosen, vertrockneten, arroganten, alten Säcke. Theoretiker, die mit Sicherheit noch nie eine Schaufel oder einen Pinsel selbst in die Hand genommen haben. Kritisieren ist leicht, aber sollen sie sich doch selbst einmal die Hände schmutzig machen und in der Asche buddeln. Hah! Da könnte man doch glatt Schmutz unter die manikürten Fingernägel bekommen.  Nicht einer meiner Theorien haben sie auch nur die geringste Beachtung geschenkt. Unser Fund soll lediglich ein Punkt sein an dem sich zufällig mehrere Wege getroffen haben. Das Objekt in der Mitte ist nicht einmal etwas Besonderes, geschweige denn eine Pilgerstätte oder ein Grabmal. Nur die Leichen darin können selbst die ach so schlauen Damen und Herren nicht erklären. Naja, egal. Ich jedenfalls werde die Archäologie nicht mehr mit meinem Genie bereichern. Ich werde mich in hinkunft der Geologie zuwenden. Hier im Speziellen dem Vulkanismus, der ausgehend vom Graben in Wien, am Beginn des einundzwanzigsten Jahrhunderts dramatisch zugenommen hat. Sehr interessantes Forschungsgebiet. Zumindest ist der Ausgangspunkt der geologischen Aktivitäten aufgrund der minutiösen Textfragmente eines gewissen Stehmann ausreichend gesichert. Hier schließe ich für heute meine persönlichen Aufzeichnungen.

Zronk musste pissen und das schon seit geraumer Zeit. Seit einer gefühlten Ewigkeit gab es keinen Rastplatz auf der intergalaktischen Transitroute von Srankrubrink nach Fukziplonk. Sein Fernfliegerkumpel Knorz hatte ihm aber immerhin vor einiger Zeit  auf dem Navi einen günstigen Planeten eingetragen auf dem es sich trefflich brunzen lassen sollte. Nun, der Ort war nicht mehr weit und den steuerte er jetzt an. Was Zronk allerdings nicht wusste: Knorz hatte diesen Ort auch im Space Truckers Guide through the Galaxies empfohlen. Wenige Millionen Kilometer weiter tauchte das Sonnensystem mit dem perfekten Klo auf. Zronk drosselte die Geschwindigkeit, hielt schließlich an und stieg aus. „Ziemlich vollgeschifft die Gegend hier für einen Geheimtip!“ dachte sich Zronk noch, bevor er laufen ließ.