werte krachmann gäste, leute
wenn ich eine geschichte hätte
die euch ein wenig fesseln täte
gern‘ erzählt‘ ich sie noch heute
um zu vermeiden langeweile
gilt‘s entweder zu gestalten
oder sich ganz kurz zu halten
ich wähle dieses mal die eile
denn mangels einer kurzgeschichte
voll mit sinn gespickten sätzen
zu den wahren roten plätzen
erlaubt mir als versuch gedichte
rote plätze 1
der platz vor meinem haus ist leer
ab und zu scheißen hunde d’rauf
den braunen dreck hebt keiner auf
das rote pflaster sieht man nicht mehr
ihn zu räumen tu ich mir nicht an
zu groß und weit ist die fläche
soll wer tun der es besser kann
gern‘ bezahl‘ ich dafür die zeche
auf dem platz ist niemand willkommen
egal ist, wie groß seine not
zu tief schon steht der braune kot
unter dem wir alle verkommen
rote plätze 2
endstation: ottakring
u3 in der sommerhitze
lauter leere rote sitze
schon seit dem karl renner ring
die roten plätze neben mir
zu besetzen
funktioniert in allen
u-bahn netzen
jedoch bitte merke dir
nirgendwo
so gut wie hier
rote plätze 3
ich gehe über den maidan
beim denkmal der mutter ukraine brennen lichter
nur langsam
schwindet die hoffnung auch von diesem platz
wäre ich damals auch hingegangen?
hätte auch mein blut den platz rot gefärbt?
ich habe keine hoffnung, denn ich habe keine angst
nur angst gebiert hoffnung
ich gehe nicht auf plätze wenn sie bluten
erst später
gehe ich gerne darüber
und lebe die geschichten, die hoffnungen anderer