Der Neusiedlersee als geothermischer Erlebnispark?

Höffler Gerhard

 

29. Juli 2005. Zwischen fünf und fünfuhrdreißig in der Früh lassen drei leichte Beben die Erde im östlichen Burgenland zittern. „Für die meisten unbemerkt“ wie das seismologische Institut in den Frühnachrichten zitiert wird. Ein Erdstoß der Stärke 2,5 nach Richter ist ja auch in Österreich nichts besonderes mehr.

Am Institut für Bodenkultur hat man diesem Ereignis jedoch ungewohnt mehr Aufmerksamkeit geschenkt. Aus internen Quellen soll berichtet worden sein, dass sich an diesem Tag mehr als nur ein Beben der Erde ereignet hat. Von „geothermischen“ Abläufen soll da die Rede sein. Nicht ungewöhnlich, wenn man die geologischen Gegebenheiten vor Ort betrachtet: Das Aufeinandertreffen der ungarischen und burgenländischen Platte hätte wohl unbestritten das Zeug für eine der aktivsten vulkanischen Regionen in Österreich. Sowie am 29. Juli geschehen, schiebt sich die Erdkruste unter den Erdmantel und schmilzt ob der höllischen Temperaturen zu Magma. Oft erst tausende von Jahren später erreicht dieses Magma dann wieder die Erdoberfläche. Wenn zu wenig Magma vorhanden ist bilden sich Geysire oder geothermische Quellen. Sollte dieser Umstand dazu führen, dass der Neusiedlersee zu einer brodelnden, nach Schwefel dampfenden, mit zahllosen Schlammlöchern übersähten überdimensionalen Thermalquelle mutiert? Für Rheumatiker und Gelenkskranke wohl eine nahezu paradiesische Vorstellung.

So mancher gewitzte Geschäftsmann hat schon so seine Schlüsse aus dem internen Bericht der Bodenkultur gezogen, wie auch die ersten ausländischen Investoren bereits Pläne für eine lukrative Vermarktung schmieden. Wellness bis zum abwinken für die ganze Familie. Geothermische Erlebniswelt für groß und klein, für alt und jung. Doch bis die Schlacht um die besten Strategien, die besten Plätze oder das betuchteste Publikum so richtig abhebt, wird noch einige Zeit dauern. Zum Leidwesen der am Neusiedlersee angesiedelten Einheimischen, die auch schon das vermeintlich greifbar nahe Tourismusgeschäft wittern.

Grund für den nun stockenden Beginn ist der Einspruch des ungarischen Bürgermeisters der grenznahen Gemeinde Hegyeshalom. Ist es doch nach eigenen Angaben „seine“ Erdkruste die sich unter unseren Erdmantel schiebt und uns dadurch in den Genuss aller vorab erwähnten Vorteile bringt. An diesem Kuchen will natürlich mitgenascht werden und schon treten Heerscharen von Anwälten an, um den nun vom Zaun gebrochenen juristischen Streit zu eigenen Gunsten zu entscheiden. Eine Einigung in absehbarer Zeit ist wohl kaum zu erwarten.

Doch was wäre, wenn die vorab genannten Spekulationen und Mutmaßungen mit einem Mal verpuffen? Wenn die zu erwartenden Mengen an Magma unterschätzt wurden. Unabsehbar wären die Folgen eines Vulkanausbruches in dieser Region. In kürzester Zeit wäre dann der Neusiedlersee Geschichte und aus der beliebten Segel- und Surflacke würde kein Erlebnispark, sondern ein feuerspeiender Schlund, dessen Vulkankegel ungeahnte Ausmaße annehmen könnte. Aber auch für diesen Fall hat schon so mancher Reiseveranstalter ein Konzept parat: Eine Reise zum Kilimandscharo könnte man sich dann jedenfalls sparen und am „Neusiedl- oder Mörbischmanscharo“ seiner Abenteuerlust nachkommen.

Mit den Unmengen an Lava an den Flanken des Vulkankegels, die als äußerst fruchtbarer Untergrund gelten, könnte auch der Weinbau im Burgenland zu neuen Höhenflügen ansetzen. Schon in Neuseeland, das zu den geothermisch aktivsten Zonen der Erde gehört, hat man diesen Umstand vor längerem entdeckt und produziert Spitzenweine, die in aller Welt regen Absatz finden. Der Verkauf dieser Hanglagen wäre für das Land, ob der zu erzielenden Qualität, ein lukratives Geschäft, an dem die Bank Burgenland als Großinvestor durchaus interessiert ist. Doch nach all den Spekulationen über die zukünftige Nutzung bleibt eine Frage offen: Wann-krachts-mann?