Großer Bahnhof

Stehmann Victor

Ingenieur Kotscher war 43, Jungfrau im Sternzeichen und schlechter Laune.  Es war 5 Uhr zweiunddreißig, sein 4-wöchiger Urlaub war vorbei und er saß wieder im Pendelzug nach Wien. Im Sechser-Abteil im wackeligen Waggon aus den 70er-Jahren. Man konnte kaum die Hand vor Augen sehen. Alle im Abteil, bis auf Kotscher, rauchten was das Zeug hält. Hobby und Smart vorwiegend. Alle Nichtraucherabteile waren schon besetzt, als Kotscher zustieg und es blieb ihm nichts anderes übrig, als sich zu den fünf schweigenden, schlecht riechenden Kettenrauchern zu setzen. „Tür zu“ war das Einzige, was an akustischer Kommunikation abgesetzt wurde, als Kotscher versuchte, ein wenig Frischluft reinzulassen. Der Mief jahrelangens, frühmorgendlichen Pendelns hing in der Luft. Zu Kotschers Grundgrantigkeit kam noch der Unwillen, seinen Dienst im Wiener Fund- und Passamt nach dem Urlaub wieder anzutreten.
Ingenieur Kotscher hätte eine bessere Karriere anstreben können, doch er zog den langweiligen, ereignislosen Dienst im Magistrat vor, da es ihm doch so Zeit und Raum für sein Hobby, die Modelleisenbahn und der Dioramenbau, ließ. Schon mit neun hatte er begonnen, seine nähere Umgebung in Spur H0 nachzubauen. Mittlerweile nahm ein detailgetreuer Nachbau der Bundeshauptstadt seinen kompletten Keller ein, an dem Kotscher wohl bis zu seinem Lebensende basteln würde.
Auch sein Urlaub war im Zeichen dieses Hobbys gestanden und er hatte das Ziel, alle Kleinspurbahnen Deutschlands zu befahren fast erreicht. Nur die Fahrt mit der, unter Eisenbahnenthusiasten als Geheimtipp geltenden Industrieverbindungsbahn zwischen Förtzlichputtenstein und Waggenlabendorf bei Radebeul im Schwarzwald war ihm aufgrund eines Erdrutsches versagt worden, was gerade auch nicht zu einer besseren Laune beitragen konnte.
Draußen war es noch dunkel aber man erkannte an den nun häufiger vorbeisausenden Lichtern, dass sich die Großstadt näherte und der Zug bald in den Bahnhof einfahren würde. Die Aussicht seinen Weg zur U-Bahn durch den grauen heruntergekommenen Bahnhof zu suchen verbesserte Kotschers Laune nicht. Er hasste diese Bahnhofsatmosphäre in der realen Welt. Seine Modellanlage war ganz anders. Alles sauber und adrett bis ins kleinste Detail. Grüne Wiesen, braune Kühe und ständig blauer Himmel auf dem Hintergrundkarton. Auch all die kleinen Plastikfiguren, die seine Anlagen bevölkerten, trugen nette Kleidung - meist Anzug und Krawatte. Und natürlich wurde wöchentlich abgestaubt. Er achtete auf jedes Detail.
Ingenieur Kotscher stierte durch die Rauchschwaden auf das grindige Fenster. Der Morgen graute und das Einzugsgebiet des Bahnhofes tauchte auf. Kotscher kannte diesen Anblick bestens. Graue Häuser, Lagerhallen und Dreck. Doch irgendetwas war heute anders. Die Fassaden der angrenzenden Häuser waren sauber und bunt. Statt der stinkenden, rostbraunen Gleisschüttung waren strahlendweiße Steine – scheinbar Marmor - zwischen den Geleisen verbaut. Die grauen verrosteten Masten der Oberleitung waren blattvergoldet und mit glitzerndem Strass verziert. Und kein einziger Waggon der abgestellten Züge war mit Graffiti verschmiert.
Als der Zug einfuhr, erfüllte angenehm weiches Licht das Abteil. Sofort dockten dicke Schläuche von außen an Entlüftungsöffnungen des Waggons an, saugten die miefige Luft aus dem Abteil und bliesen rosenwasserduftversetzten Sauerstoff ein. Leise Schalmeienklänge erklangen. Es war wie ein Wunder und sogar seine Mitreisenden hatten ein kleines Lächeln im Gesicht.
Kotscher suchte nach einer Erklärung und konnte nur eine plausible finden. Vor seinem Urlaub hatte er noch gelesen, dass der Bahnhof erneuert werden sollte. Es war von einer Bauzeit von 3 Jahren die Rede. Doch irgendwie hatte man das scheinbar schneller – in vier Wochen – geschafft und alles, was Kotscher bisher gesehen hatte, ließ auf einen Neubau schließen, wie er ihn nicht einmal in der Modellanlage seiner Träume erdenken konnte.
Der Zug hielt endgültig an und Kotscher ließ sich mit dem Strom der anderen Pendler in die Bahnhofshalle treiben.  Vermittelte schon der Bereich, wo die Züge ein- und ausfuhren einen überwältigenden Eindruck von Pracht und Reichtum, wurde dieser in der eigentlichen Bahnhofshalle noch übertroffen. Kotscher fühlte sich in seine eigene Modellbahnanlage versetzt. Genauso stellte er sich einen Bahnhof vor, so sollte es sein. Strahlendweiße Marmorfliesen, Rolltreppen mit einer dicken, roten Teppichauflage. Statt Döner- und Pizzabuden gab es hier chromblitzende Stände, wo Kaviercanapes und Lachsspießchen angeboten wurden. Man hörte Sektkorken knallen.  Von der Decke wurde Veilchenblütenwasser versprüht was eine angenehme Kühle gepaart mit einem wunderbaren Wohlgeruch verbreitete. Ein wahrer Palast des öffentlichen Nahverkehrs. Zwei kleine schmucke Blasmusikkapellen zogen ihre Runden.
Das Publikum war adrett und gekämmt. Alle hatten Kleidung in gleichem dezent unaufdringlichem Stil an und bewegten sich zielstrebig und gleichförmig, fast schon ein bisschen im Gleichschritt. Die Gruppe, mit der er aus dem Zug gestiegen war, hatte sich aufgelöst und war in der Menge verschwunden. Kotscher stand mitten in der großen weitläufigen Halle. Alles war geschäftig aber nichts war laut oder unangenehm. Erst als Kotscher genauer hinsah, bemerkte er, dass hier etwas ein wenig seltsam war.
All die Personen die in der Halle geschäftig herumliefen hatten nicht wirklich ein Ziel oder verließen die Halle. Sobald sie an einem Ende angekommen waren, drehten sie einfach um und liefen, eine andere Richtung einschlagend, zurück. Obwohl viele Verkaufskioske und Stände vorhanden waren die heiße Speisen anboten, roch es nach nichts anderem, als dem Veilchenwasser, das von der Decke versprüht wurde. Die sonst vorhandene Geräuschkulisse, die man in einem großen Bahnhof gewohnt war, fehlte und es war nur leise Streichmusik zu hören. Die großen Grünpflanzen, die dekorativ in der riesen Halle verteilt waren, waren allesamt aus Plastik und man konnte genau erkennen wie diese aus Einzelteilen zusammengesteckt waren. Alles war strahlend schön und sauber - zu sauber - unnatürlich sauber.
Kotscher entdeckte einen Informationsstand, der von drei in makelloser gebügelter Uniform gekleideten Personen, besetzt war. Er wollte dort nach den Hintergründen dieser Bahnhofswandlung fragen. Zwei Herren und eine Dame mit langem blondem Zopf drehten ihm den Rücken zu. Um auf sich aufmerksam zu machen räusperte sich Kotscher. In dem Moment, als sich die drei Informationsmitarbeiter, wie synchronisiert, umdrehten, stockte Kotscher das Blut in den Adern. Alle drei hatten kein Gesicht, keinen Kopf, sondern nur eine ovale, fleischfarbene Plastikkugel mit aufgemalten Haaren auf den Schultern aufgesetzt. Arme und Beine waren zwar vorhanden, jedoch ohne Gelenke. Und statt Händen und Fingern gab es nur eine kleine flache Plastikscheibe, die diese andeutete. Es waren lebensgroße Plastikfiguren, wie er sie in kleinerem Maßstab zu hunderten, wahrscheinlich sogar zu tausenden, in seiner Modellanlage im Keller verbaut hatte. Als Kotscher sich gefasst hatte, erkannte er, dass sich im ganzen Bahnhof keine einzige lebendige Person befand. Nur lebensgroße Plastikfiguren, die jedoch auf unglaublich realistische Art animiert waren.
Kotscher lief ein kalter Schauer den Rücken runter. Er musste so schnell wie möglich hier wieder weg. Mit dem nächsten Zug wieder nach Hause. Er lief zurück zu der Tür, durch die er vor 10 Minuten mit den anderen die Bahnhofshalle betreten hatte. Erfolglos rüttelte er an der großen Drehtür. Nichts rührte sich. Hier kam er nicht mehr raus. Kotscher ging seine Optionen durch, drehte sich um 180 Grad und durchquerte im Laufschritt die endlose Halle, um die mit Ausgang überschriftete Schiebetüren zu erreichen. Konnte er den Rückweg nicht antreten, so wollte er doch so schnell wie möglich aus diesem seltsamen Bahnhof raus.
Nicht, wie erwartet, eine frische, frühlingshafte Brise traf ihn, als er aus der Türe trat. Vielmehr stand die Luft und war schal und dumpf. Kellerluft. Und was er sah, machte ihm nicht viel Hoffnung auf eine baldige Lösung seiner Situation. Mit weit aufgerissenen Augen musste er erkennen, dass er sich scheinbar in seiner eigenen über viele Jahre erbauten Modellanlage befand. Er stand vor seinem Westbahnhof, in seinem Nachbau eines idealen Wiens. Er erkannte jedes Detail, jede Straßenlampe, jede Ecke. Sogar die verpfuschte Klebestelle am Dach der U-Bahnstation, zwischen den beiden Gürtelfahrbahnen, erkannte er wieder. Das Dach saß komplett schief. So hatte er das noch nie vorher gesehen, schon gar nicht aus dieser Perspektive. Auch hier am Bahnhofsplatz bewegte sich eine scheinbar geschäftige Menschenmenge von A nach B. Doch genauso wie im Bahnhof, drehten hier nur lebensgroße Plastikfiguren scheinbar auf vorprogrammierten Pfaden ihre Runden. Anders als im Bahnhof, fuhren hier im Freien jedoch auch Fahrzeuge durch die Gegend. Aber ähnlich zu den Plastikmenschen auch nur auf, durch in die Fahrbahn eingelassenen Drähten, vordefinierten Routen. Kotscher hatte sich diese Technologie seinerzeit in Hamburg abgeschaut und verbessert. Seine Miniautos hatten jedoch viel mehr eigene Intelligenz an Bord und waren fast schon kleine Miniroboter mit künstlicher Intelligenz.
Kotscher war verängstigt aber doch auch stolz im gleichen Moment. War er doch nun Teil seiner eigenen Schöpfung, konnte sich in seiner Anlage frei bewegen und erleben was er sich erdacht hatte. Auf der anderen Seite war ihm sehr wohl bewusst, dass er hier nicht lange überleben würde können. Er war auf eine Größe von gerade mal 2 Zentimeter reduziert. Alles hier war aus Plastik, Karton und Gips. Kein Wasser, keine Nahrung. Er musste hier raus, und viel Zeit blieb ihm nicht.
Die Anlage war von ihm programmiert worden. Er war ihr Schöpfer. Also wusste er auch genau, wann der Ford Mustang Cabriolet, Baujahr 1963, vorbeikommen würde. Er musste ihn nur an einer scharfen Kurve erwarten, wo das Fahrzeug die Geschwindigkeit stark reduzieren musste, um hineinzuspringen und die Kontrolle zu übernehmen. Die Aktion sah zwar nicht so elegant aus, wie es sich Kotscher vorgestellt hatte, aber er hatte es geschafft und fuhr nun hinter einem strahlendweißen VW-Bus in einer großen Schleife über den Bahnhofsvorplatz.
Sein Plan stand fest. Er musste zur Technischen Universität, denn dort hoffte er alles vorzufinden, was er zu seiner Flucht benötigen würde. Ein Refraktormatrizenbeschleuniger, kombiniert mit einem Ionenquantifikator, sollte ihn wieder in seine Realität zurückbefördern können. Wie das funktionieren könnte, hatte er schon einmal in einer seiner Bastelzeitschriften auf den Leserbriefseiten gelesen. Diese einfachen Geräte waren seine einzige Option, die ihm eine Rückkehr in die reale Welt ermöglichen konnte. Und wo, wenn nicht in der größten Technischen Universität Österreichs, würde er diese finden können.
Die Aufgabe war einfach. Eine kurze Fahrt im Ford Mustang die Mariahilferstraße hinunter, die in dem Oldtimer sogar Spaß machen würde. Er genoss es. Die Luft war mild, die Straße frei, ein dicker Hoffnungsstreifen zeichnete sich für Kotscher am Horizont ab. Leider hatte er übersehen, dass in seiner Modellwelt die Autos nur entlang des eingelassenen Fahrdrahtes fahren konnten. Nun war es aber so, dass in Kotschers Mariahilferstraße ein ewiger Vorweihnachtseinkaufsstraßenzustand herrschte und kein Bedarf an fließendem Verkehr und somit auch kein Fahrdraht verlegt war. Sobald er in die Mariahilferstraße einbog, blieb der Mustang ohne Stromversorgung abrupt stehen. Blöderweise passierte das genau auf der Gegenfahrbahn des Gürtels Richtung 9-ter Bezirk und nun donnerten, ohne Unterlass, alle entgegenkommenden Autos ungebremst in Kotschers schönen Mustang. Nichts hielt diese auf, wer sollte auch schon bremsen, solange der Strom im Fahrdraht war. In Kürze war ein Riesenberg an Plastikschrott aufgetürmt, in den immer weitere Fahrzeuge karambolierten.
Kotscher konnte sich nur mit Mühe vor einem Unfalltod in seiner Modellwelt retten und musste nun seinen Weg zu Fuß fortsetzen. Permanent rannten Plastikfiguren in hinein, da diese nicht zum Ausweichen programmiert waren. Das machte das Fortkommen nicht leicht. Kotscher bereute es nun auch, dass er seine Mariahilferstraße zur ewigen Vorweihnachtseinkaufstraße gemacht hatte. Die Weihnachtsbeleuchtung machte ihn fast blind und vor allem der meterhohe Plastikschnee wirbelte stark auf und machte das Atmen schwer.
Ein Ausweichen in die Nebenstraßen erwies sich als unkluger Schachzug. Eigentlich hätte Kotscher das wissen müssen, aber er war zu überwältigt von der Situation an sich und zusätzlich zeigten sich auch erste Erschöpfungszustände durch das Waten im kniehohen Plastikschnee. Kotscher entkam hier zwar dem Schnee, aber in seiner Version von Wien waren alle Nebenstraßen zu lieblichen, migrationskonfliktlosen Wohnstraßen ausgestaltet. Das sieht ja an und für von außen betrachtet sehr nett aus. Befindet man sich jedoch mitten drin, bedeutet das, Horden von spielenden Kindern, tollenden Hunden tratschenden Hausfrauen und sonstigen lieblichen Freizeitaktivitäten. Befindet man sich nun im Maßstab 1:87 mitten drin, ist das einem flotten Fortkommen nicht sehr förderlich. Kinder rannten Kotscher um, Hunde sprangen ihn an und nachhause kommende Ehemänner wollten ihm permanent die Hand schütteln und über ihre Beförderung sprechen. Ein wahrer Spießrutenlauf.
Also kehrte Kotscher mühevoll, auf Höhe Generali Center, wieder auf die Mariahilferstraße zurück. Dummerweise begann genau hier die große illuminierte Weihnachtsparade und Kotscher sah sich plötzlich zwischen den Rentieren Rudolf und Blitzen vor Santa Claus‘ Schlitten eingekeilt und die Straße Richtung Innenstadt hinabgetrieben. Er hatte große Mühe nicht unter die Hufe zu kommen, als auch noch kleine Feuerwerke am Straßenrand abgebrannt wurden, und ihn in Bauch und sonstige Weichteile trafen.  Als unzählige, auf den Dächern platzierte, Engel begannen, kleine Geschenkpäckchen auf die Parade und speziell auf Kotscher zu werfen, konnte er sich am Ende der Mariahilferstraße auf Höhe des Museumsquartiers aus der Parade befreien und an den Straßenrand retten. Hier konnte er nun erstmals verschnaufen.
Doch nicht lange. Denn schon wurde er von der, während eines längerem Krankenstandes 1984 eingebauten, Studenten-Blümchenparade erfasst und unter lautem Hurra und Hallo den Nachbau des Getreidemarktes runtergetragen. Was ja an und für sich keine unangenehme Fortbewegungsart gewesen wäre. Wären da nicht die harten Plastikblumen gewesen, die ihm in großen Mengen zugeworfen wurden. Den meisten konnte er zwar geschickt ausweichen, doch einige wenige trafen ihn voll.
Halb besinnungslos viel er auf eine Verkehrsinsel unten am Naschmarkt. Die Parade zog wieder den Getreidemarkt bergauf, um sich in genau 15 Minuten wieder auf die gleiche Runde zu machen. Kotscher wollte nur kurz verschnaufen, bevor er sich in Richtung Resselpark auf den Weg zur Technischen Universität machte.
Ein letztes Hindernis stellten die keksverkaufenden Pfadfinderinnen dar, die Kotscher statt der im Resselpark normalerweise anzutreffenden Drogensüchtigen und –Dealer in seiner Modellwelt aufgestellt hatte. Sofort war er von einer ziemlich großen Schar von ihnen umzingelt. Anfangs waren die kleinen Mädchen zurückhaltend und scheu was sich aber bald änderte und nur mit  Mühe konnte er sich den Angeboten erwehren. Erstaunlicherweise wurden die süßen uniformierten Mädels ziemlich aggressiv als er nichts kaufen wollte. Gott Sei Dank waren sie, aufgrund ihrer gelenklosen Gliedmaßen, in ihrem Aktionsradius eingeschränkt, was ihm die Flucht ermöglichte. Trotzdem musste er einige sehr schmerzhafte Treffer scharfkantiger Kekspackungen hinnehmen, die nach ihm geworfen wurden. Eine konnte er fangen und musste aber leider feststellen, dass man deren Inhalt nicht essen konnte. Pures Plastik. Kotschers Magen knurrte als er vor dem riesigen Gebäude der Technischen Universität zum Stehen kam.
Müde und abgekämpft stemmte Kotscher mit all seinem Gewicht die großen Tore des großen Gebäudes auf und trat erwartungsvoll ein. Doch der Anblick zauberte ihm keinerlei Lächeln ins Gesicht. Vielmehr machte sich Verzweiflung breit, da er sich in einer absolut leeren Halle befand. Ganz weit hinten konnte er die vertrockneten Überreste eines Nachtfalters erkennen, der für ihn riesenhaft erschien. Von innen sah man auch all die schlechten Klebestellen und die Kleberfäden, die Kotscher seinerzeit nicht beseitigt hatte. Es gab keine Geschosse, keine Treppen, absolut kein Innenleben. Nur ein riesiger, leerer Raum von hohen grauen Plastikwänden gebildet. Keine wie immer gearteten Maschinen oder Werkzeuge, mit denen sich Kotschers Entkommen bewerkstelligen ließe. Nichts. Kotscher war am Ende und ließ sich in einer Ecke niedersinken, wo er schnell erschöpft und hungrig einschlief.
Als die Arbeitskollegen nach Wochen die Tür zum Keller in Kotschers Reihenhaus öffneten, waren sie überrascht, welch riesige Modelleisenbahnanlage Kotscher hier eingebaut hatten. Sie betrachteten lange jedes Detail. Doch die kleine Plastikfigur, die aussah wie Kotscher und mit einer Schlinge – scheinbar ein getrockneter Kleberfaden -  um den Hals aus dem obersten Stockwerk der nachgebauten Technischen Universität hing, entging ihren Blicken.

+++++++++  Ende  ++++++++++++