Das Ding an sich

Christian Ondrak

Vor einigen Wochen schuf ein jamaikanisches Forscherteam um Dr. Terence Henry Clark dass sie „das Ding an sich“. Sie schufen das Ding an sich während eines Experimentes aufgrund eines Missgeschickes durch nicht mehr nachvollziehbare, völlig chaotische und leicht eruptive Ereignisse. Nachdem sich die Forscher wieder in ihr Labor wagten, entdeckten sie unter den Trümmern ein schimmerndes, oszillierendes, pulsierendes Objekt. Nach nur wenigen Wochen der Forschung und des Experimentierens, die der Wiederherstellung des Labors folgten, stellte sich nach und nach heraus, dass mit Hilfe dieses Objektes sämtliche Energieprobleme mit einem Schlag gelöst wären. Ebenso hätte man erfolgreich den Hunger in der Welt bekämpfen können. Nebenbei rückte die Krebsheilung in greifbare Nähe, genauso wie ein Mittel gegen AIDS und Zahnfäule. Man verstieg sich sogar schon in Spekulationen über die Lösung bislang ungelöster mathematischer Rätsel, der interstellaren Raumfahrt und Zeitreisen. All dies hätte jedoch noch eingehender und langwieriger Forschung bedurft. Jetzt erste entschlossen sich die Forscher Ergebnisse zu veröffentlichen, in der Hoffnung einen Etat für weitere Untersuchungen zu kommen, was zu einer Reihe von Ereignissen führte.

Zuerst nahm die OPEC Kontakt auf und bot eine hohe Summe für den Kauf des Dinges an. Nur kurz danach folgten E.ON, GDF Suez, Enel und noch einige andere Energiekonzerne, die diverse Differenzen über Bord geworfen und ein Konsortium gegründet hatten um Ihre Interessen zu wahren. Überflüssig zu erwähnen, dass Pharma- und Lebensmittel¬industrie auch fleißig mitboten. Streitereien um Mitbestimmungsrechte und zu geringe Mittel, verhinderten jedoch ein konkurrenzfähiges Angebot. Die Börsen reagierten zu dieser Zeit mit heftigen Kursschwankungen. Regierungen lockten mit unbegrenzten Forschungsmitteln, wobei die Forschung jedoch zumeist militärisch motiviert war. Zum Schutz gegen Böse Mächte sandten die Vereinigten Staaten präventiv einen Flugzeugträger in die Gewässer vor Jamaika. China und Russland protestierten und drohten mit der Mobilisierung ihrer Streitkräfte. Die EU rief inzwischen zur Mäßigung auf. Zur Abwägung der potentiellen Chancen und Risiken berief die EU außerdem eine Expertenkommission ein, die sich umgehend zu Beratungen zurückzog. Die arabische Welt und die afrikanische Union warfen dem Westen vor, mit Hilfe des Dinges an sich die Weltherrschaft an sich reißen zu wollen.

Etliche Sekten sahen den Untergang der Welt voraus, andere wiederum erkannten die Ankunft des Messias. Der Papst indes vermutete Teufelswerk und entsandte vorsichtshalber zwei Inquisitoren und vorsichts¬halber drei bis vier Exorzisten. Protestanten und Orthodoxe protestierten aus Prinzip. Die Islamische Glaubensgemeinschaft witterte ohnehin Verschwörung. Die Hindus gaben sich uninteressiert während die Buddhisten beobachteten, wie sich die Situation entwickelte.
Schamanen aus aller Welt versuchten nach Jamaica zu gelangen Die Juden schickten einige Rabbis und den Außenminister um sich davon
zu überzeugen, dass das Ding nicht doch etwas mit der Tora zu tun hatte.

Als ruchbar wurde, dass sich am Flughafen Agenten des Mossad, des Secret Service und des iranischen Nachrichtendienstes um ein Taxi stritten, bekamen es die drei Forscher mit der Angst zu tun. Sie zerstörten das Ding an sich und verstreuten die Trümmer im Meer.

Nach wenigen Wochen ebbten die medialen Nachwehen ab und man konnte wieder zur Tagesordnung übergehen.