die eine oder andere überlegung zum alles- und nichtssagenden thema "das ding an sich" ...

Markus Steinbichler

prolog
einige worte an das geneigte auditorium vorab: im heurigen, inoffiziellen europäischen jahr des plagiats1 hat sich der autor – zumal ob des nach philosophie förmlich brüllenden themas „das ding an sich“ – zur akademischen ehrenrettung in form dieses kleinen wissenschaftlichen traktates entschlossen. auf die verlesung der zwar hieb- und stichfesten, für das verständnis aber nicht unbedingt relevanten fussnoten wird zugunsten des leseflusses fallweise verzichtet, diese sind spätestens im frühjahr zwozwölf in der fachbekannten anthologie nachzustudieren, es sei denn – wovon der autor ausgeht – das werk wird zuvor als doktorarbeit anerkannt und erscheint (ev. auch höchst seriös als handschriftfaksimile) in der suhrkamp-wissenschafts-reihe. wenngleich es heuer ob der streng fachlichen herangehensweise auch nicht zur erringung des angesehenen pokals oder einer der raren trost-preziosen reichen mag – ein „dr. phil.“ sollte schon drin sein…

danksagung
zum glück hat der autor dieser abhandlung mittlerweile vergessen schrägstrich verdrängt, wer oder was genau ihm in der feuchtkalten nebelnacht des sechzehnten oktober zwozehn das alles- und nichtssagende thema „das ding an sich“ beschert hat – schönen kollegialen dank dafür jedenfalls! man hätte mit prof. dr. loichtens vergeblich einge¬worfenem themen-vorschlag „wojtek, der bär“ durchaus leben können und nach kurzer, oberflächlicher recherche und einigen wochen gegrübel die geschichte in etwa so begonnen:

exkurs: was wäre, wenn nicht das ding an sich wäre
grau und milchig hing der bleiche herbstnebel in der spärlich ausgeleuchteten und wie passend zum allerheiligenwetter ausgestorbenen mollardgasse, von der nahegelegenen wien – tatsächlich ein fluss und keine meidling und fünfhaus entwässernde kloake – mit einem zugigen abwind und feuchter kälte angereichert. nur fahl, aber immerhin ein wenig illuminiert hob sich die beschlagene scheibe des cafes „filmriss“ vom fassaden-grau-in-grau ab. falls jemand (warum auch immer) genauer hineinsah, konnte er oder sie schemenhaft einen breiten rücken erkennen, denn wie so oft saß wojtek, der bär an der bar und hatte seinen alles und jeden abweisenden buckel zur trüben auslagenscheibe gedreht, hinter der die welt wie in einem monatelang ungereinigten aquarium vor sich her sumpfte. wojtek, der sich gerade an seinem wohlverdienten menü, bestehend aus krügel schwechater, stamperl slivovic, packl smart export abarbeitete, hieß eigentlich dimitri, er war auch kein pole, sondern moldawier aus vladimirovca, einem kaff an der grenze zur ukraine. seinen spitznamen wojtek, der bär erhielt er von seinen so genannten geschäftspartnern nicht nur aufgrund seines stämmigen äußeren, sondern weil er in seiner profession als waffenschieber auch in haarigsten situationen eine derartige zuverlässigkeit aufwies, wie dies in der geschichte nur vom echten, vom tierischen wojtek bekannt war, einem syrischen braunbären, der im wk II zuverlässig wie ein schweizer uhrwerk die 22. transportdivision des polnischen armeekorps mit granaten belieferte2. auch die vorliebe für bier und zigaretten teilten sich die beiden, wobei dimitri es dann doch bevorzugte, letztere kette zu rauchen und nicht wie sein tierischer namenspate zu fressen. wojtek – also dimitri – stierte müde in sein frisch und gekonnt schaumkronenlos gezapftes bier, als plötzlich... ’ aber genug der trivialen worte: eine kriminalliterarische herangehensweise an das thema ist zwar weit verbreitet3, aber der bär hat sich nicht durchgesetzt, damals, es soll ja nun einmal um „das ding an sich“ gehen, unmöglich dazu einen krimi zu stricken – vor allem bei eigentlich unüberwindbarer persönlicher distanz zum nämlichen genre! in unserer querschnittsmateriellen wenn nicht universal-genialischen herangehensweise zum auserkorenen thema beginne man wohl am besten bei der frage, welches ding denn dann im ding an sich steckt:

kapitel 1: begriffsdefinition oder: welches ding steckt im ding an sich?
eine umfangreiche und umfassende recherchearbeit zum begriff des dinges4 lieferte gar erstaunliches:
- ding steht für etwas unspezifiziertes, siehe auch sache, gegenstand. nichts neues, eine gar zu banale und völlig unzureichende erklärung für unsere thematik, weiter:
- ding ist auch eine bantusprache, wir bevorzugen doch lieber ein ¬akademisches deutsch
- ding bezeichnet auch einen chinesischen kultgegenstand: „der ding hat die form eines gefäßes mit drei langen beinen. seltener sind rechteckige ding mit vier beinen, sogenannte fangding (方鼎). die bedeutung und geschichte des gegenstandes wird heute meist so gedeutet, dass der ding ursprünglich ein gefäß zur zubereitung von fleischgerichten war. seine bedeutung als kultgegenstand wäre demnach aus der bedeutung von fleisch in opferriten und als gesellschaftliches Statussymbol entstanden.“5 also bitte: so ein ding ist ja wohl gegenstand dieses heutigen symposions, zwar weniger, um fleisch hineinzutun, aber das mit dem gesellschaftlichen statussymbol kommt schon hin, also flugs weiter in der hoffnung auf dessen habhaftwerdung:
- zudem steht ding als akronym für: donau-iller-nahverkehrsverbund, datenintegrations – nutzergruppe, ein digitales wörterbuch namens ¬dictionary nice grep, aber solch techno-kryptische kürzel sind dem thema nicht förderlich…
- weiters ist ding ein familienname: ding bing-yang (* 1953), chinesischer botaniker; ding feng (190–271), chinesischer general; ding jianjun
(* 1989), chinesischer gewichtheber; ding junhui (* 1987), chinesischer snooker-spieler; ding ling (1904–1986), chinesische schriftstellerin; ding liren (*1992), chinesischer schachmeister; ding meiyuan (* 1979), chinesische gewichtheberin; ding wei (* 1979), chinesischer go-Spieler; ding yuan († 189), chinesischer provinzgouverneur; ding ziling (* 1936 oder 39), chinesischer philosoph und dissident; ding yaping (* 1967), deutsche (!) tischtennisspielerin sowie von erwin-oskar ding-schuler (1912–1945), deutscher kz-lagerarzt6 … auch hier gilt es festzuhalten, dass an kapazundern jeglicher profession kein mangel in unseren reihen herrscht, es dieser damen- und herrschaften also nicht bedarf, von der unrühmlichen letzten person ganz zu schweigen. zwar gäbe der oder die eine oder andere sicher eine spitzen-geschichte ab: etwa, dass sich die anderen quellen zufolge philosophIN und dissidentIN ding ziling im exil in sindelfing – finanziert von einem alten ding aus der ming-dynastie – mit dem ding an sich beschäftigt, aber lassen wir das…, wir gehen das thema immerhin mit allem wissenschaftlich gebotenem ernst an!
- zu guter letzt findet sich noch eine erklärung zum wörtchen ding: ein philosophischer begriff von kant, siehe: ding an sich: AHA!!!

kapitel 2: die möglichkeit oder die unmöglichkeit eines dinges an sich
betrachten wir nun also „das ding an sich“, eine begriffsbildung immanuel kants – welcher übrigens seiner staunenden nachwelt wesentlich mehr als nur die nach ihm benannte wurst hinterlassen hat – der damit ein seiendes bezeichnet, welches unabhängig von der tatsache existiert, dass es durch ein subjekt wahrgenommen wird und somit für dieses zum objekt würde7. ABER: aus sicht des positivismus ist die philosophische überlegung des „dinges an sich“ – wie alle überlegungen des kritizismus – ein klassisches „schein-problem“. so gibt es nach wittgenstein grundsätzlich keine philosophischen probleme: entweder sei ein problem ein scheinproblem, oder es lasse sich wissenschaftlich lösen8 – eine an sich sehr sympatische these dieses seltsamen wirrkopfs. da in unserer welt an scheinproblemen ohnehin kein mangel besteht, man denke nur an verschwundene socken, staub, den wohlstandsbauch oder die frage nach dem sinn des lebens, über dessen suche schon viele philosophen den sinn des lebens vergessen haben, wollen wir die philosophie sich selbst oder berufeneren überlassen und steigen ein paar stufen des intellekts hinab, um im schier unendlichen fundus der alltagsweisheiten nach dem ding an sich zu forschen:

kapitel 3: das ding an sich im sinnspruch- und zitatenschatz der deutschen sprache
durchsucht man den gängigen sinnspruch- und zitatenschatz der deutschen sprache nach einem ding an sich, so ist dies wenig ergiebig, einzig das ding ist vereinzelt anzutreffen9, wie folgende fallbeispiele veranschaulichen werden:

- da gäbe es einmal „das maß aller dinge“, bei welchem aber nicht einmal die maßeinheit geklärt ist, zumal es auch kein ding aller maße zu geben scheint…
- „der lauf der dinge“ und somit der lauf dieser bislang erfolglosen suche nach dem ding an sich scheint aus fatalistischer sicht ohnehin nicht aufzuhalten zu sein, wir fahren fort…
- „der dinge harren, die da kommen werden“ – aber wie lange noch und welche dinge werden da kommen – und ist das das ding an sich dabei, und wenn ja, wann wird es kommen und wer harrt da eigentlich wo und vor allem in welcher art und weise?
- „die dinge beim namen nennen“ – aber wer kann das ding an sich beim namen nennen – und wie könnte dieser lauten? horst? kurt? oder gar friederike?
- „wir werden das ding schon schaukeln“ – das tun vielleicht die bundesdeutschen, bei uns werden eher kinder geschaukelt, wenn nicht noch lieber mit dem bade ausgeschüttet, was unweigerlich zur frage führt: werden auch dinge mit dem bade ausgeschüttet? womöglich gar das ding an sich, womit es einmal mehr hinfortgespült wäre…
- „nach lage der dinge“: also nach gegenwärtiger lage der dinge scheint man an für und sich nicht in der lage zu sein, dem ding an sich auf die spur zu kommen…
- „guter dinge sein“: bei einem derart aussichtslosen unterfangen kann man eher nur noch schlechter dinge sein, ein gutes ding an sich zu finden…
- „unverrichteter dinge“ ein unverrichtetes ding an sich, also etwas unspezifiziertes, das zudem nicht erledigt wurde: schwammiger geht´s ja wohl nicht mehr…
- „aller guten dinge sind drei“ – aber welche sind dies? und ist ein ding an sich darunter, oder steht ein ding an sich über den dingen, also auch den guten dreien, drüber? dies klingt nach einem vorläufigen nachweis: mit dem ding an sich geht es nur drunter und drüber…
- „gut ding braucht weile“, „ein ding der unmöglichkeit“ usw. usf.: der zitatenschatz scheint als quelle brauchbaren wissens eher nicht unser ding zu sein…
zu guter letzt kommt uns noch ein spruch über den männlichen ver¬treter unserer spezies und dessen ding an sich in den sinn, doch die aussagen über nasen und johannesse weisen keinerlei signifikante positive korrelation auf und sind somit aus wissenschaftlicher sicht nicht länger haltbar.

wie dieser holprige parforceritt durch die niederungen der binsen¬weisheiten zeigt, erweisen sich jene als völlig ungeeignet bei der suche nach dem ding an sich, mehr noch: es herrschen danach mehr unklarheit und offene fragen als vorher, aber man weiss ja: wer anderen vor dem abend einen heißen stein gräbt, lobt sich selbst einen apfel vom fass.
kapitel 4: die spirituelle sinn-suche nach dem ding an sich
nach bisher unergiebiger recherche wollen wir uns zur ausweitung des forschungsfeldes noch einige stufen des intellekts hinab, doch umso mehr stufen geistig hinauf auf eine spirituelle suche nach dem ding an sich begeben – im schier unendlichen angebot auf dem esoterik-markt muss doch eine antwort auf die leidige frage – wenn nicht auf alle fragen des lebens – zu finden sein, koste es was es wolle (und man glaube mir nach eingehendem studium der preise: es kostet, was es will!!!). ein kurzer auszug aus dem heimischen esoterik-seminar-angebot bis jahresende10:
- „workshopreihe chakren-ernährung“: die workshops sind für alle gedacht, die sich näher mit den energetischen hintergründen ihrer ernährung und damit mit sich selbst auseinander setzen usw. usf. … preis: 45 euro pro abend (nahrungsmittel für übungen und pausensnacks inkludiert)
- „seelenflüstern tierkommunikations- und tierenergethik-ausbildung“: die ausbildung richtet sich an all jene, die viel mit tieren zu tun haben und nach wegen suchen, tiere auf geistigem wege auf allen ebenen zu unterstützen: tierbesitzerInnen und angehende tierkommunikatorInnen etc. etc. … energieausgleich: pro wochenende: 180 euro in wien / 215 euro in graz, einzelsitzungen: 70 euro, übungsabende: 35 euro in wien / 50 euro in graz
- „workshopreihe unicorn touch (energiearbeit mit einhörnern)“: einhörner berühren uns auf eine ganz besondere art und weise. ihre energie lässt sich ein wenig mit der der engelwelt vergleichen. die energie der einhörner unterstützt uns usw. usf. … energieausgleich: 40 euro pro abend. skriptum, snacks und getränke sind im preis inbegriffen.
- „meditation mit den erzengeln michael, jophiel und chamuel“: in dieser meditation gehen wir in unseren eigenen herzens-tempel und zwar zu der stelle, an der das ewige licht in form einer 3-fachen flamme brennt: eine blaue flamme (kraft, heilung, schutz...), eine goldgelbe flamme (wissen und weisheit ...) und eine rosa etc. etc. … 1 abend € 15,- inkl. unterlagen
- „atlantis kristallenergie“: reise zum kristall-tempel von atlantis, begegnung mit der hohepriesterin. eine bewusstseinserweiternde meditation, um deine erinnerung an „wer du wirklich bist“ zu aktivieren. bist du bereit, mit der atlantischen kristall-ermächtigung … usw. usf. € 24,- für 1 abend mit meditation, einweihung, unterlagen und zertifikat
- und als absolutes highlight: „angelic touch ausbildung – aura- und chakrenarbeit durch engelsberührung“: die einjährige ausbildung richtet sich an alle menschen, die die begegnung und die zusammenarbeit mit engeln und anderen helfenden lichtwesen verstärken möchten. durch den direkten herzens-kontakt zu engeln etc. etc. … gesamtinvestition: 1.810 euro (alle preise verstehen sich inkl. mwst.)“

fazit aus wissenschaftlicher sicht: es ist schier unglaublich, mit welchem verhuschten humbug man labilen und verzweifelten personen geld abknöpfen kann, jeder in eine ordentliche psychotherapie investierte euro ist dagegen gold wert. hier findet man mit einem anständigen paar scheuklappen gegenüber der welt wie sie nun mal ist vielleicht erleuchtung durch gehörnte engel, regelmäßigen stuhlgang durch chakren-ernährung oder zumindest weltflucht durch welchen unfug auch immer, aber mit an sicherheit grenzender wahrscheinlichkeit kein ding an sich…

conclusio
das ding an sich, das gibt es nich(t)
somit suche ein jeder / eine jede sich: seine oder ihre dinge an sich

kapitel 5: meine dinge an sich (in loser auflistung ohne rücksicht auf reihung und gewichtung)
- das eigene werden angesichts von „die ursache, der keller, der atem, die kälte, ein kind“11, immer wieder und wieder gelesen…
- das allzu selten sich einstellende, untrügliche gefühl, einmal alles so richtig richtig gemacht zu haben…
- auf dem weg zur arbeit ein absolut entspannender morgendlicher kaffee im speisewagen des eurocity 78, der sonnenlichtdurchflutet die südbahn entlang schaukelt…
- dazu vielleicht auch noch das imposante klanggemälde der platte „lift your skinny fists like antennas to heaven” von godspeed you! black emperor (und zwar die vollen 87 minuten 21 sekunden in einem stück gehört), ziemlich genau die zeit von haus- zu bürotür…
- damit verbunden jeden tag die möglichkeit, in wien-meidling in diesem zug sitzen zu bleiben und um 13:19 uhr in prag hauptbahnhof auszusteigen12…
- des weiteren am weg zur arbeit: “[jener moment], wo die u6 von meidling kommend die station längenfeldgasse verlässt, die geschwindigkeit bei der fahrt auf die rampe der wienflussbrücke von otto wagner zunimmt […] und man […] mit einem mal quer durch einen der urbansten stadträume wiens schwebt: den gaudenzdorfer knoten. die weite, die sich hier […] auftut, das stadtbahngrüne brückentragwerk, das – mal mit und mal ohne die wagner´schen sonnenräder – vorbeifliegt, der blick stadteinwärts ins wiental, die weite sicht auf den ¬himmel über dem 6. bezirk – und welche wetterlage hier und jetzt gerade vorherrscht, das bauliche ensemble aus hauptfeuerwache, leuthner-hof, mollardburg und werkstättenhof, das sich an der wien-zeile aneinanderreiht – und wie das licht je nach tages- und jahreszeit mit den einzelnen fassaden spielt”13…
- die beängstigende wie beeindruckende, würgende wucht der worte von jizchak katzenelsons großem, unendlich erschütterndem gesang14…
- der kühl einhüllende, melancholisch-nostalgische zauber von „der himmel über berlin“ in wort, bild und musik…
- die erhabene, nordische schönheit der platte „ágætis byrjun“ von sigur ros, seit 11 jahren treuer begleiter, in dessen magische klangwelt und märchenhaftes isländisch man immer wieder flüchten kann…
- aber auch der staubig-dumpfe, groovy wüstenrock des albums
„welcome to sky valley“ von kyuss an einem unbarmherzig heißen sommertag
- ganz allgemein: ein vor schönheit tränen in die augen treibendes stück musik, film oder literatur…
- aber auch hin und wieder stumpfsinniger trash metal z.b. von slayer, vorzugsweise ab 7:00 uhr zum munter werden…
- all den vielen menschen, die einem einen lieben langen tag begegnen, ins gesicht und ein wenig dahinter zu schauen, um sich dann die geschichte und geschichten hinter den gesichtern zu überlegen…
- länder, städte, orte, gebäude und architekturen entdecken und er¬forschen…
- einen von der tosenden und glänzenden welt vergessenen ort zu suchen, zu finden und zu entdecken, in dessen stille zu schwelgen, die ästhetik und die auf unnachahmliche weise geniale unperfektheit des verfalls zu studieren, in winkeln zu stöbern, wo vermutlich jahrelang keine menschenseele mehr war und so ein stück der welt entrückt zu sein…
- hin und wieder am meer stehen, selbstvergessen in die glitzernde, ¬wogende weite zu starren und das befreidende gefühl zu verspüren, dass man diese welt vorerst vorerst hinter ich gelassen hat und es nur noch unendliche weite und den horizont gibt…
- die ruhe und das über-den-dingen-stehen in den bergen…
- das goldene licht der altweibersommersonne über der buckligen welt und die schattierungen, die sie auf die sich langsam färbenden wälder und hügel zeichnet…
- aber auch: den ersten nieselregen des herbstes im gesicht spüren…
- ein endlos langes sonntagsfrühstück mit buttersemmel und einem immer vollen kaffeehäferl
- wolken!!! immer und immer wieder bewusst den blick zu erheben und die langsam dahinziehende pracht in all ihren farben, formen und wandlungen zu erblicken (nicht vergessen: demnächst der „cloud
appreciation society15 beitreten“!)
- barfuß durch den schnee zu gehen
- den bei jedem, auch dem leichtesten regen aus dem kleinen einschnitt im bewaldeten hang gegenüber meines hauses aufsteigenden nebelschwaden beim davonziehen zuzusehen…
- ein fauler sonntag ohne eine spur einer agenda, idealerweise bei draussen leise dahinrollendem donner und trägem regenprasseln im bett verbracht…
- das noch zahnlose, dafür umso unbarmherziger ansteckende lächeln meines kleinen sohnes und die unbändige neugier allem und jedem gegenüber, von der man sich gerne einen bruchteil borgen möchte…
- die unterhaltsamen diskussionen mit meiner tochter und damit verbunden die hoffnung, dass ihr verhandlungsgeschick erhalten bleibt und einmal einer diplomatischen karriere förderlich sein wird…
- meinen kindern die wesentlichen dinge des lebens vermitteln zu ¬können, zum beispiel mit ihnen und einem beherzten „hey ho, let´s go“ zu den ramones durch das wohnzimmer zu pogen…
- aber auch der moment, wo es ganz ungewöhnlich still im haus ist und man zwei unbeschreiblich friedlichen gesichtern beim schlafen zusehen kann…
- mit meiner frau einen besonderen menschen an meiner seite zu ¬wissen und durch sie einen platz in der welt gefunden zu haben…
- nicht zu vergessen, warum man sich verliebt hat und warum man sich noch immer liebt…
- die ungestörten und herzerwärmenden momente, in denen ich nur mit diesen dreien meine zeit verbringen kann…
- mensch sein, wie mein großvater – mein heimlicher mentor im menschsein – mensch ist…
- sich hoffentlich noch hunderter weiterer dinge an sich bewusst zu werden, die man bewusst leben sollte…

epilog
vielleicht mein wichtigstes ding an sich:
leben und leben lassen…
und zumindest einmal im jahr:
schreiben, lesen und lesen lassen!

1 Siehe u. a.: de.guttenplag.wikia.com/wiki/GuttenPlag_Wiki, www.peterpilz.at/kommentar/2340/peter-pilz-tagebuch.htm
2 Morgan, Geoffrey; Wiesław A Lasocki: Soldier Bear. London, Collins, 1970.
3 Vgl.: Drucker, Loicht, Nowak et al.: Krachmann-Beiträge, Eisengraberamt 2010.
4 Suche auf www.google.at am 18.03.2011: Ungefähr 98.900.000 Ergebnisse in 0,16 Sekunden
5 de.wikipedia.org/wiki/Ding_(Gef%C3%A4%C3%9F)
6 de.wikipedia.org/wiki/Ding_(Familienname)
7 kant, immanuel: prolegomena (1783), S.62-63.
8 vgl: wittgenstein, ludwig: tractatus logico-philosophicus (1918/1922), satz 6.53
9 siehe: www.redensarten-index.de/suche.php
10 quelle für alle: www.esoterikforum.at/forum/calendar.php ff.
11 bernhard, thomas: autobiografische schriften, salzburg 2004
12 siehe: fahrplan.oebb.at/bin/query.exe/dn
13 !!! achtung, dreistes selbstzitat !!!: steinbichler, markus: beitrag „gaudenzdorfer knoten“ zum sehr sehr schönen projekt „sense of belonging – sich verwurzeln“: siehe www.senseofbelonging.net/?p=798
14 biermann, wolf : das lied vom ausgerotteten jüdischen volk, kiepenheuer & witsch, köln 1994 („dreisprachig“: faksimile des originals-jiddisch in lateinischer umschrift- deutsch; transkription durch arno lustiger)
15 join the society: cloudappreciationsociety.org/about-membership/