Vorwort

 

„Waldviertel darf Taiga werden!“

So folgten wir also dem Ruf des Waldviertels, dem Klang des alten Liedes der Taiga. Außenstehend, beobachtend, staunend von Anbeginn an, herzlich empfangen und gleichsam eingesogen von etwas, das in dieser Form Neuland für uns ist. Zunächst um das Feuer gescharrt, wärmen sich die Autoren, die Dichter, die Schreiber, die Gäste für das was noch folgen sollte auf, stärken Körper und Geist für ihre Darbietungen vor der Jury. Die Atmosphäre entspannt angespannt, und wir mittendrin, Fremdkörper zwar für so manch alten Haudegen, aber willkommen und bestimmt gern gesehen. So unser Gefühl.

Draußen das Feuer im Gerangel mit der herannahenden Dunkelheit, drinnen eine zweite Lichtquelle, die das Beraten der Jury erhellt. In mir ein Gefühl wie zu Weihnachten, kurz bevor im Wohnzimmer jemand mit der Glocke läutete. Ja, auch diese kindliche Neugier ist wieder einmal da, herrlich, wunderbar, wo bist du nur solange gewesen? Und dann endlich der Aufruf, der für mich befreiende Ruf, die Bitte um Einkehr in den Lesesaal, den Lebensraum, die Bühne. Die Geschenke sind bereit, ruhen in den Händen der Teilnehmer, zittern zwischen ihren Fingern, sind noch versteckt in ihren Taschen, und trotzdem kann ich sie schon sehen, fühlen, erahnen, endlich. Zeit zum Auspacken. Fröhliche!Es folgt was noch folgen sollte. Die Phantasie betritt den Raum und nimmt ihn für die nächsten Stunden in Beschlag. Für mich sind hier Zauberer am Werk, die ihre Tricks darbieten. Sie ziehen ihr Kaninchen aus dem Hut, sie vertauschen das Nichts gegen bunte Tücher, sie beeindrucken mit ihrer Fingerfertigkeit, sie hypnotisieren. Spielend leicht nehmen sie mich mit in die Taiga, oder wecken die Taiga in mir, das was ich mir darunter vorstelle. Meine Begleitung staunt mich an. Ich erwidere. Der riesige Hund gähnt routiniert.Die Jury versucht den bunten Zauber einzuordnen, zu beurteilen, zu verdauen. Vielleicht auch zu bändigen? Es gelingt ihr gut, wie ich meine. Nicht immer, aber was könnte auch schwieriger sein? Sogar die Taiga zu Fuß zu durchqueren, stelle ich mir einfacher vor. Um nichts in der Welt möchte ich mit ihnen tauschen. Nur hier zu sitzen und zu hören, zuzuhören und zu beobachten, ist an diesem Abend mein ganzes Glück. Wie eine geheimnisvolle Reise, auf der ich mir bei jedem Schritt zulächle.Dann sind die Sieger gekürt und die Preise verteilt. Ich sehe Blicke, die ins Leere gehen. Ich sehe glühende Augen, Stolz versprühend. Ich sehe Erleichterung und Nachdenklichkeit. Schön all dies zu sehen. Faszinierend, wie es dazu gekommen ist. Wir plaudern noch über die kleinen Dinge des Lebens, über die Vergangenheit, über Menschen. Und über Musik, die jetzt langsam den Vorsitz übernimmt. So viele Wörter schwirren noch im Raum und es ist an der Zeit sie miteinander tanzen zu lassen.

Wir verbringen die Nacht auf bequemen Sofas, dort wo noch vor ein paar Stunden einige Teilnehmer ihre Texte zum Besten gaben. Erlesene Schlafgelegenheiten, denke ich. Angeblich soll ich wieder einmal laut geschnarcht haben, sagt man mir am nächsten Morgen. Ich wundere mich darüber, denn im Traum habe ich ohne Unterbrechung geschrieben.