Unsinnige Überlegungen

Andreas Gruber

Die Frage, die sich mir bei diesem Thema als erstes aufdrängt, ist: Sollte ich eher über Fug oder über Unfug schreiben?
Zu dem Zeitpunkt als ich diese Worte schreibe – einen Tag vor der Preisverleihung – habe ich die Einladung nicht mehr auf meinem PC. Die E-Mail, wie immer geistreich und vorzüglich verfasst, hat sich ins Nirvana der Bits und Bytes vertschüsst. Ich weiß nicht, ob das Thema „Fug und Unfug“ oder „Fug oder Unfug“ heißt. Ein kleines Wort, das über Gunst oder Verachtung der Jury entscheidend sein kann. Denn eine Themenverfehlung ist leicht aufs Papier gerotzt – vor allem einen Tag vor der großen Aufführung.
Folglich werde ich einen derben Unfug zu Papier bringen … der Rest wird sich schon von alleine fugen … äh fügen.

 Ob ich wegen meiner Respektlosigkeit Gewissensbisse habe? Nein. Apropos … schmerzen diese Gewissenbisse eigentlich? Sind sie mit Hunde- oder Heuschreckenbisse vergleichbar? Muss man deswegen ins Krankenhaus?
„Schwester, was hat diese Patientin?“
„Gewissensbisse.“
„Oh, verflucht, rasch mit ihm in den Kreißsaal.“
Warum heißt der eigentlich so? Ist man dort früher mit einer Kreissäge zu Gange gewesen? Oder werden dort bloß die Folgen eines Geschlechtsverkehrs behandelt. Heißt der Kreisverkehr vielleicht deshalb Kreisverkehr, weil manchmal nach dem Verkehr der Kreißsaal folgt?
Ich weiß, was für ein grober Unfug.
Welche Farbe hat der eigentlich?
Ist er genauso grau wie grober Kies?
Ich weiß es nicht. Werde es vermutlich nie herausfinden, zumindest nicht in diesem Leben.
Möglicherweise gibt es ja eine andere Welt, in der Ingeborg Krachmann gerade an ihrem Lebenswerk schreibt, während wir hier sitzen und den Bachmann-Preis küren.
Da kann man mit Fug und Recht behaupten, dass dies vermutlich nicht sehr wahrscheinlich sein wird. Aber könnte man dann nicht genausogut mit Unfug und Unrecht dasselbe behaupten? Oder ist es das Gegenteil davon? So, wie aus minus Mal minus plus wird? So, wie aus einer doppelten Verneinung nicht das Gegenteil, sondern dasselbe herauskommt?

Lassen wir doch mal den Unfug beiseite und widmen uns dem Fug. Wird aus geballtem Fug eigentlich Fugenmasse? Wenn Beethoven oder Bach eine Fuge komponieren, kann man dann als gesichert annehmen, dass dabei kein Unfug herauskommt?
Was befugt mich eigentlich dazu, solche Behauptungen aufzustellen? Meine Befugnis?
Eine Frechheit, meinen vielleicht einige, die sich diesen Mist anhören müssen. Da drängt sich mir die Frage auf, ob eine bodenlose Frechheit ins Unendliche führt? Wann sie endet, und ob sie überhaupt endet? Gleiches könnte man über bodenlosen Unfug schreiben, was ich mir an dieser Stelle aber erspare.
Fast scheint es mir, je intensiver man über dieses Thema sinniert, desto größerer Unfug kommt dabei heraus. Das würde jedoch bedeuten, dass man – wollte man Fug erzeugen, am besten gar nicht darüber reden sollte.
Das ist aber erst recht ein rechter Unfug. Und wieder drängt sich mir die Frage auf, ob es da wohl nicht auch einen linken Unfug gibt? Müsste der dann nicht links blinken und links aus dem Kreisverkehr rausfahren, auf dem Weg zum Kreißsaal, um dort sehr fügsam seine Gewissensbisse behandeln zu lassen, falls er überhaupt einen befugten Arzt findet und alle anderen rauswirft, die sich unbefugt Zutritt verschafft haben?
Belassen wir es dabei.
Ich danke für die Aufmerksamkeit.
Ich füge mich dem Urteil der Jury.